Sonntag, 13. März 2016

Das Ende einer Ära



Im April findet wieder die jährliche Musikmesse in Frankfurt statt. Diesmal ist jedoch etwas anders. Wer z.B. einen Stand sucht mit tollen, neuen Gibson Les Pauls, wird lange und vergeblich suchen müssen. Vier große Firmen werden nicht dabei sein: Fender, Gibson, Marshall und Ibanez. Das ist gelinde gesagt eine Katastrophe und in meinen Augen ein deutliches Anzeichen dafür, wie schlecht es um den Instrumentenmarkt und auch um die Musikindustrie steht.

Für Messe Aussteller war es schon immer teuer auszustellen. Die Standgebühren sind sehr hoch.Hinzu kommen die Übernachtungskosten in einer Stadt, wo gerade zur Messezeit Zimmer schwer zu bekommen sind und nicht selten 350 Euro pro Nacht kosten. Meistens litten jedoch nur kleinere Firmen darunter. Dass jetzt aber auch große Firmen deswegen zu knabbern haben ist schon der Hit. Früher hatten solche Firmen die größten Messestände. Die Kosten dafür gingen in die 100.000nde. Dazu kamen Gehalt, Kost, Logis und Anreise für die Belegschaft. Alles in allem ein sehr teurer Spaß. Trotzdem: Firmen wie Gibson und Fender konnten sich das leisten. Heute anscheinend nicht mehr.

Wie gesagt, der Instrumentenbranche geht es beschissen. Keiner will das wirklich zugeben. Alle tun so, als wäre alles in Ordnung. Dabei gehen von Jahr zu Jahr die Verkaufszahlen nach unten. Zuerst haben kleine Musikgeschäfte dicht gemacht. Damals hieß es, die Großen fressen die Kleinen. Heute machen auch die Großen zu. Vor kurzem hätte es fast noch einen Großen aus Ibbenbüren erwischt (will keine Namen nennen). Zum Glück fand man einen Investor. Bei Fender hat sich U2 Sänger Bono in den Vorstand eingekauft. Kohle genug hat er ja. Fender anscheinend nicht.

Paradoxerweise gibt es immer wieder neue, unbekannte Hersteller, die auf den Markt drängen. Da fragt man sich: warum? Denn bis auf wenige Ausnahmen, lässt sich damit kein großes Geld mehr verdienen. Ich denke, zum einen ist es Idealismus, der solche Leute antreibt und zum anderen die Hoffnung, dass man vielleicht doch irgendwie den Durchbruch schafft und richtig viel Geld verdient. Die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt. Schon seit Mitte der 80er Jahre, als es kurzzeitig ein Guitar-Revival gab, kamen Hersteller mit ihren Produkten auf den Markt und waren kurze Zeit später wieder verschwunden. Damals hatten die Großen wie Fender und Gibson das Sagen. Mit ihrer Geschäftspolitik gaben sie den Ton an. Ging jahrelang gut. Heute nicht mehr. Seit die Chinesen Plagiate auf den Markt bringen, die zum Teil besser und viel, viel billiger sind als die Originale, seit es Gitarren gibt, die für kleines Geld alles bieten was man braucht und seit es eine neue Generation von Gitarristen gibt, denen im Grunde Gitarren von Fender und Gibson völlig egal sind, hat sich das Blatt gewendet. Das sind nur ein paar Beispiele.

Die Wahrheit ist, außer uns alten Säcken, interessieret sich keine Sau mehr für eine original Fender Strat oder Gibson LP. Ist Schnee von gestern. Viele Händler wollen auch keine mehr verkaufen, weil die Dinger schon im Einkauf viel zu teuer sind und die Gewinnmarge für sie viel zu klein ist. Allein der Online-Handel sorgt für einen großen Umsatzeinbruch bei Herstellern und Verkäufern. Und der Gebrauchtmarkt bietet alles, was man braucht zum halben Preis. Tauschgeschäfte oder Inzahlungnahme sind auch möglich.

Für den Kunden ist das ein Paradies. Für Hersteller und Verkäufer ein Alptraum. Made in China ist heute angesagt. Da können die renommierten Firmen noch so dagegen wettern, von wegen schlechter Qualität etc. Die Chinesen sind clevere Geschäftsleute. Die machen z.B. folgendes:

Da wird eine guter Gitarrenbauer, der z.B. bei Gibson gearbeitet hat von Chinesen angeworben, um ihnen zu zeigen, wie es gemacht wird und bleibt deswegen ein Jahr in China. Dafür bekommt er eine Million Dollar und fährt wieder heim.

Was Holzqualität angeht, stehen die chinesischen Instrumente dem westlichen Standard in nichts nach. Sie sind sogar noch besser. Früher fuhren die Schiffe aus Brasilien und Afrika nach Europa oder Amerika. Gitarrenhersteller suchten sich ihre Hölzer aus. Heute wird die komplette Ladung von Chinesen aufgekauft und die Schiffe fahren direkt nach China.

Namhafte Hersteller aus USA und Europa produzieren in China. Nur so können sie ihre Ware günstig an den Verbraucher weitergeben und auf dem Markt konkurrieren. Andere dagegen, wie z.B. ein namhafter Hersteller britischer Herkunft, produziert seine Verstärker schon seit Jahren im eigenen Land. Die Qualität ist so schlecht, dass man sich fragt, warum er nicht schon längst pleite gegangen ist.

Ob das alles aus wirtschaftlichen- oder verbrauchertechnischen Gründen gut oder schlecht ist, mag und will ich nicht beurteilen. Da streiten sich sowieso die Geister. Gitarren gibt’s wie Sand am Meer und letztendlich stellt sich mir immer wieder die Frage „Wer brauchts?“ Meiner Meinung nach wird auch der Vintage-Markt irgendwann mal zusammenbrechen. Es gibt zwar immer noch Idioten, die für eine alte Fender oder Gibson Unsummen hinlegen aber das wird sich spätestens dann ändern, wenn die Leute endlich begreifen, dass es absolut schwachsinnig ist. Die alten Fender Gitarren waren Instrumente von der Stange, die so billig wie nur möglich hergestellt wurden. Vielleicht klingt eine 57er Les Paul im Vergleich zu einer heutigen Custom Shop Les Paul besser, aber ist sie auch wirklich 500.000 Dollar wert? Meiner Meinung nach nicht, denn man zahlt nicht nur für den besseren Klang, sondern auch für den Hipe, der sich darum dreht, welcher legendäre Gitarrist das Ding schon besessen und gespielt hat. Wenn dieser Hipe vorüber ist, geht es auch dem Vintage-Markt an den Kragen.

Da war doch dieser Milliardär, ein absoluter Led Zeppelin-Fan, der den Jungs zig Millionen angeboten hat, wenn sie sich wieder zusammenraufen und auftreten. Jimmy Page und John Paul Jones sagten ja. Robert Plant dagegen zerriss das Angebot und sagte „Ihr könnt mich mal“.

Jeder Hipe geht irgendwann mal zu Ende. Was wir gerade erleben, ist das Ende des Rock and Roll, so wie wir ihn kannten und allem was dazu gehört. Wohin die Reise geht weiß niemand.

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